In Zeiten der Klimakrise ist es wichtiger denn je, sich auf nachhaltige Praktiken zu konzentrieren, besonders wenn es um Großveranstaltungen geht. Einer der Schlüsselbereiche, in denen Veranstalter*innen einen signifikanten Unterschied machen können, ist die Mobilität der Besuchenden. Sie macht je nach Veranstaltung immerhin oft um die 80 % der Gesamtemissionen aus – manchmal sogar mehr! In diesem Blogbeitrag erkläre ich dir, was nachhaltige Mobilität bedeutet, warum sie wichtig ist, und gebe dir 13 praktische Tipps, wie du nachhaltige Mobilität in deine Eventplanung integrieren kannst.
Was versteht man unter nachhaltiger Mobilität?
Nachhaltige Mobilität bezieht sich auf Transportmethoden und Reisepläne, die die Umweltbelastung minimieren. Es geht darum, Emissionen zu reduzieren, Ressourcen effizient zu nutzen und ein klimafreundlicheres Erlebnis für alle Beteiligten zu schaffen. In der Eventbranche bedeutet dies, Lösungen zu finden, um den erheblichen CO₂-Ausstoß, der durch die An- und Abreise der Teilnehmenden entsteht, zu reduzieren.
Was hat Mobilität mit Nachhaltigkeit zu tun?
Jede Form der Mobilität, sei es per Auto, Bus, Zug oder Flugzeug, hat direkte Auswirkungen auf das Klima, da sie CO₂ emittiert – ausgenommen natürlich Fußwege und Fahrradfahrten. Veranstaltungen ziehen oft eine große Anzahl von Menschen an, was unweigerlich dazu führt, dass die Emissionen der An- und Abreise im Vergleich zu den anderen Veranstaltungsemissionen den größten Anteil ausmacht. Daher ist es entscheidend, sich auf nachhaltige Mobilitätsstrategien zu konzentrieren, um den ökologischen Fußabdruck von Veranstaltungen zu minimieren.
13 Tipps für nachhaltige Mobilität auf Events
Jede Veranstaltung ist natürlich extrem individuell, weswegen es schwierig ist, allgemein gültige Tipps zu geben. Eine Messe in einer Großstadt steht vor ganz anderen Herausforderungen als ein Festival auf dem Land. Nimm dir daher von den folgenden Vorschlägen das heraus, was zu deiner Veranstaltung passt, und passe es entsprechend an.
- Priorisierung: Mach dir bewusst, dass das Thema Mobilität ein riesiger Hebel ist, um deine Emissionen zu senken. Priorisiere das Thema entsprechend. Mach dir bewusst:
- emissionsfrei sind Fußwege und Fahrradfahrten
- emissionsarm sind öffentliche Verkehrsmittel
- emissionsintensiv ist der motorisierte Individualverkehr wie z.B. Autos
- ein echter "Klimakiller" sind Flüge – wusstest du, dass eine Handvoll Flüge schnell den Großteil all deiner Mobilitätsemissionen ausmachen können?
- Standortanalyse: sieh dir einmal an, wie dein Standort infrastrukturell angebunden ist. Passe deine Prioritäten und Maßnahmen je nach Anbindung, Parkplatzsituation, Einzugsgebiet und Zielgruppe an. Vielleicht wurde an deinem Standort in der Vergangenheit sogar eine Mobilitätsumfrage durchgeführt und kannst du aus den Ergebnissen klare Maßnahmen ableiten!
- Fahrradfreundlichkeit: Schaffe Belohnungssysteme für die Anreise mit dem Fahrrad, wie zum Beispiel kostenlose Abgabe von Fahrradhelmen an der Garderobe oder eine Erfrischung am Fahrradparkplatz. Stelle sicher, dass genügend Fahrradparkplätze und Mieträder zur Verfügung stehen. Eine gemietete Fahrradgarderobe kann fehlende Parkplätze ausgleichen. Werde kreativ: kann man vielleicht eine gemeinsame Fahrradtour organsisieren (ggf. mit Gepäckshuttle)? Stelle auch sicher, dass es einen Reparaturservice gibt. Eine gute Anlaufstelle ist hier auch der ADFC.
- Förderung des öffentlichen Verkehrs: Kooperiere mit Verkehrsunternehmen – ein Veranstaltungsticket bei der Deutschen Bahn oder eine kostenlose ÖPNV Nutzung in deine Tickets zu integrieren kann die Anreise mit den öffentlichen Verkehrsmitteln incentivieren. Sieh dir auf jeden Fall im Vorhinein deine Anbindung an: gibt es (auch für die spätere Abreise!) genügend Verbindungen? Sollte die Taktung zu Stoßzeiten erhöht werden? Gegebenenfalls kann ein Shuttle Angebot infrastrukturelle Lücken schließen. Ebenfalls wichtig: wie sieht es mit der Barrierefreiheit aus? Ist der Shuttlebus rollstuhlgerecht, die nächstgelegene Station in realistischer Reichweite und barrierefrei? Arbeite mit lokalen Behörden zusammen, um Verkehrswege zu verbessern und achte darauf, dass Transportinitiativen nicht zu Mehrkosten für Besuchende mit Behinderungen führen.
- Umgang mit Autofahrten: Mache Autoparkplätze kostenpflichtig und hebe die Preise an, um umweltfreundlichere Optionen attraktiver zu machen. Eine Ausnahme sollten ausgewiesene, kostenfreie Parkplätze für Menschen mit Behinderungen sein. Die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel ist aktuell leider oft nicht für alle zugänglich.
Bewirb die Bildung von Mitfahrgelegenheiten mit Verweis auf entsprechende Plattformen oder bilde einen eigenen Kommunikationskanal (wie z.B. Messengergruppen oder Foren). Belohne voll besetzte Autos mit reduzierten Parkgebühren oder einem Freigetränk für die Person am Steuer. Überlege dir eine stauarme Verkehrslenkung und installiere bei Verkehr abseits befestigter Straßen Schwerlastplatten zum Schutz des Untergrundes. - Flüge: Sowohl deinem eigenen Team, als auch den Besuchenden sollte klar vermittelt werden – vermeidbare (Inlands-)Flüge sind richtig fiese Emissionstreiber. Biete deinen Mitarbeitenden keine Kostenerstattungen für Flugstrecken an, die auch mit dem Zug hätten zurückgelegt werden können. Erkenne die Fahrtstunden als Arbeitszeit an. Gehe außerdem mit deinen Besuchenden in die Kommunikation und zeige anhand eines Beispiels auf, wieviel mehr Emissionen ein Flug im Vergleich zur Zugfahrt verursacht hätte.
- Verstehe dein Publikum: Was könnte der nachhaltigen Anreise deiner Besuchenden im Wege stehen? Veranstaltest du zum Beispiel ein Festival, könnte das Thema Gepäck oder günstiges Bier ein Grund sein, warum Menschen eher mit dem Auto anreisen. Ein Festivalsupermarkt, Gepäckshuttles oder mietbares Equipment reduziert die Gepäckmenge und macht die Anreise mit dem Fahrrad oder öffentlichen Verkehrsmitteln direkt attraktiver. Es gilt: je bequemer oder spaßiger du es deinen Gästen machst, auf nachhaltigere Verkehrsmittel umzusteigen, desto eher werden sie dein Angebot auch nutzen.
- Lokale Anreise: Verkaufe günstigere Tickets oder schaffe einen Fast-Lane-Eintritt für die lokale Bevölkerung mit kurzer Anreise. Je größer dein Einzugsgebiet, desto höher die Emissionen. Das gilt natürlich nicht nur für deine Besuchenden, sondern auch für Lieferanten, Catering etc: arbeite mit lokalen Anbietern zusammen, um Transportwege zu reduzieren.
- Kommunikation: All deine Maßnahmen werden verpuffen, wenn du nicht rechtzeitig und omnipräsent deine Gäste für das Thema sensibilisierst, über umweltfreundliche Anreisemöglichkeiten informierst und auf deine Incentives hinweist. All diese Informationen kannst du im Anreise-Bereich der Website, auf Tickets, beim Ticketkauf oder -zusendung und über Social Media bereitstellen. Beziehe hier ebenfalls deine Stakeholder und Multiplikator*innen mit ein, deine Informationen zu teilen. Für einen mittel- und langfristigen Effekt kannst du im Rahmen deiner Veranstaltung mit Infoständen oder Workshops auf das Thema aufmerksam machen. An je mehr Stellen Informationen bereitgestellt und gestreut werden, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie auch wahrgenommen werden.
- Nachhaltige Fahrzeugflotte: Setze auf umweltfreundliche Fahrzeuge wie Elektroautos oder besser Lastenfahrräder, wo auch immer möglich.
- CO₂-Kompensation: Ein Thema, das zurecht sehr umstritten ist. Unvermeidbare Rest-Emissionen zu kompensieren, kann ein gutes Tool sein. Es sollte aber keineswegs die einzige oder hauptsächliche Maßnahme sein, sonst tappst du schnell in die Greenwashing-Falle. Es gilt die Reihenfolge: vermeiden, reduzieren, kompensieren. Achte außerdem darauf, dass du über einen verlässlichen Partner kompensierst. Das Umweltbundesamt gibt einen Ratgeber Freiwillige CO₂-Kompensation heraus und empfiehlt insbesondere den „Gold Standard“, ein ambitioniertes und aussagekräftiges Siegel für Kompensations-Projekte.
- Stelle Forderungen an die Politik: Der Fahrradwegausbau in deiner Stadt ist mies, oder dein Ort ist ÖPNV technisch schlecht angebunden? Schreib deinem Abgeordneten und setz dich für die Verkehrswende ein. Zumindest mittel- und langfristig wird das einen riesigen Einfluss auf das Mobilitätsverhalten deiner Gäste haben.
- Mobilitätsbefragungen: Befrage deine Gäste am Einlass, woher und mit welchem Verkehrsmittel sie angereist sind und was sie sich für eine nachhaltigere Anreise wünschen. Zu wissen, wie genau das Mobilitätsverhalten deiner Besuchenden aussieht, erleichtert dir die Konzeptionierung und Priorisierung von Maßnahmen für kommende Veranstaltungen. Es gibt dafür praktische Tools wie zum Beispiel unsere Crowd Impact App, die dir aus den Daten ganz automatisch die CO₂-Emissionen berechnet. Damit erhältst du außerdem stichfeste Daten für deinen Nachhaltigkeitsbericht.
Events und nachhaltige Mobilität
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass nachhaltige Mobilität ein wesentlicher Bestandteil der Veranstaltungsplanung sein sollte, bei der viele unterschiedliche Faktoren und Akteur*innen berücksichtigt werden sollten. Einige Maßnahmen lassen sich relativ schnell und einfach umsetzen, andere zahlen sich erst mittel- und langfristig aus. Deswegen ist es wichtig, heute noch damit anzufangen, zu priorisieren, und sich dann stetig zu verbessern. Denn nicht nur die Umwelt, sondern auch deine Gäste werden von deiner Arbeit profitieren: die Integration von Nachhaltigkeit in das Mobilitätskonzept verbessert schließlich auch das Gesamterlebnis deiner Teilnehmenden.
Nachhaltige Mobilität für Veranstaltungen
Ich hoffe, ich konnte dir mit dieser Aufstellung eine Orientierungshilfe dafür bieten, ein ganzheitliches Mobilitätskonzept auszuarbeiten, das sowohl die Anreise der Teilnehmer als auch die Logistik vor Ort umfasst. Wenn ich etwas vergessen habe oder du ein Good Practice teilen möchtest, schreib mir gerne!
Liebst, Laura und Julian
Shoutout an Music Declares Emergency und Green Events Hamburg für die in Teilen inhaltliche Vorarbeit 💜 Und an Julie's Bicycle für den Guide zur Inklusion von Menschen mit Behinderungen in Nachhaltigkeitskonzepte von Veranstaltungen.
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